THE GREEN ACT
Jelmoli x ZHdK
Vom 11. bis 29. April werden bei Jelmoli Arbeiten von Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste zu sehen sein. Im Zentrum der Kollaboration stand die gestalterische Auseinandersetzung mit dem Thema Konsum und Nachhaltigkeit.
Petroleum, Verpackungsmaterial, Plastik und Wassersäulen – die Folgen des Konsums für die Umwelt zeigen skulpturale Inszenierungen in den Schaufenstern und auf der Verkaufsfläche. Umgesetzt wurde das Projekt von 10 Studierenden der Fachrichtung Trend & Identity der ZHdK im Rahmen der Jelmoli Nachhaltigkeitsstrategie «The Green Act». Ein Gespräch mit Prof. Katharina Tietze, Leiterin der Fachrichtung Trends & Identity, und dem Künstler und Dozent Johannes Willi, der das Projekt begleitet hat.
Work in Progess: Das Projekt in der Entstehung im Atelier der ZHdK
Frau Professor Tietze, was darf man sich unter der Fachrichtung Trend & Identity vorstellen?
Katharina Tietze (KT): Wir sind ein generalistischer Studiengang. Das heisst, wir sind breit aufgestellt mit vielen Einführungen in verschiedene Bereiche. Darunter Werkstätten und Gestaltungsmethoden, aber auch Designgeschichte und Ethnographie. Und natürlich beschäftigen wir uns vertieft mit dem Thema Trends und Methoden der Trendforschung. Und den Debatten zu Identität und wie sie sich gestalten lässt.
Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie «The Green Act» hat Jelmoli nun mit der ZHdK kollaboriert. Was hat Sie an dieser Zusammenarbeit gereizt?
KT: Das Projekt war reizvoll, weil Jelmoli sehr prägend und präsent für Zürich ist. Und Konsum im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit ist eine interessante Fragestellung. Wir alle sind zurzeit dabei, Strategien zu erarbeiten, ohne dass wir auf die drängendsten Fragen Antworten oder fertige Lösungen bereit hätten. Zudem ist das Thema Warenhaus spannend und damit die Frage, wie z.B. die Schaufenster als Schnittstelle zwischen dem Haus und der Strasse und die Innenräume zusammenspielen.
Wie haben sich die Studierenden diesem Thema genähert?
Johannes Willi (JW): Die Studierenden standen der Anfrage zunächst auch kritisch gegenüber. Ein grosses Warenhaus, das mit einer Nachhaltigkeitsstrategie daherkommt – ist das nun Green Washing? Werden wir instrumentalisiert? Es war ein spannender Prozess, bei dem wir, trotz der anfänglich kritischen Haltung, einen Weg gefunden haben. Es gab sehr viel Diskussionsbedarf. Doch wir alle stecken zusammen in der heutigen Situation, und eine mutige Herangehensweise und das Adressieren von Problematiken gehören für uns dazu.
In den Schaufenstern wird mit Begriffen wie «Petroleum» oder «Leben auf der Plastikinsel» gespielt, Würfel mit Verpackungsmaterial oder Säulen mit zirkulierendem Wasser gezeigt. Ist das plakative Hinweisen auf «Vergehen» der Menschen in einem Schaufenster eines Warenhauses auch eine Gratwanderung?
JW: Es gab Momente, in denen das durchaus Thema war. Aber ich glaube, durch eine intelligente und vor allem diskursive Herangehensweise konnten wir die richtige Position finden. Und Jelmoli haben wir als sehr aufgeschlossen wahrgenommen. Als Warenhaus geht es heute darum, offen zu sein und nicht zu versuchen, etwas zu verbergen. Es ist wichtig, dass sich Jelmoli als Traditionshaus diesen aktuellen Fragen stellt.
Work in Progess: Das Projekt in der Entstehung im Atelier der ZHdK
In den Schaufenstern werden auch Produkte von Jelmoli zu sehen sein. Ein Widerspruch?
JW: Nicht unbedingt, denn die Schaufenster funktionieren sehr vielschichtig. Zum einen sieht man Waren, die verkauft werden, gleichzeitig gibt es auch weitere Ebenen, die Wissen vermitteln. Und dann natürlich auch Informationen, die sich als potentielle Konsument*innen erarbeiten müssen. Es geht um Konsum, aber auch darum, zu vermitteln.
KT: Beides gehört zurzeit zusammen. Ich sehe das weniger als ein Spannungsfeld, vielmehr als ein «Sich-den-Dingen-zu-stellen». Wir konsumieren, das ist die Realität, dennoch müssen wir Wege finden, wie wir das in der Zukunft besser machen. Die Schaufenster besitzen verschiedene Lesetiefen: Man kann zum Beispiel schnell vorbeigehen und sieht ein Farbspiel und weiter nichts. Oder man bleibt stehen und nimmt sich Zeit. Die Schaufenster bieten auf jeder Ebene etwas und können durchaus auch ein visueller Genuss sein.
Neben den Arbeiten in den Schaufenstern haben die Studierenden auch Warenträger kreiert, die im Rahmen der «19 Days of Green» vom 11. bis 29. April bei Jelmoli nachhaltige Produkte in den Fokus stellen …
JW: Hier spiegeln sich die transparenten Cubes aus einem der Schaufenster wider. Die Cubes mit verschiedenen Kantenlängen fungieren als Warenträger, die wir mit Verpackungsplastik füllen, der tagtäglich im Jelmoli anfällt. Das ist schon eine imposante Menge.
Kann Design also Nachhaltigkeit auch fassbarer machen?
JW: Auf jeden Fall. Eine Frage, die am Anfang im Raum stand, war, wie wir das visuell ästhetisch und intelligent darstellen können. Ich bin guter Dinge, dass uns das mit diesem Projekt gelungen ist.
KT: Für die Studierenden war es spannend herauszufinden, wie schwierige und komplexe, aber drängende Themen ästhetisch interessant vermittelt werden können. Das ist etwas, was Design leisten kann.
Zum Abschluss: Sie beschäftigen sich mit der Analyse von Trends … wohin geht die Reise im Handel?
KT: Pauschal kann ich das nicht beantworten, aber es ist sehr wichtig, die Debatte um nachhaltige Strategien offen zu führen. Das Thema Transparenz und Ehrlichkeit spielt eine grosse Rolle. Die Auswahl der Labels, die Prozesse, Verpackungen und vieles mehr. Das werden jahrelange Prozesse sein, mit denen man immer mehr Erfahrungen sammelt und besser wird. Und es gilt natürlich auch, umfassendere Strategien zu entwickeln. Schön, dass Jelmoli als Warenhaus mit diesem Projekt Nachwuchsdesigner*innen eine Plattform gegeben hat. Grundsätzlich wird es darum gehen, die von allen geliebten analogen Kauferlebnisse zu retten und gleichzeitig lukrativ zu bleiben.
Mit: Nura Sina Deon, Charline Giebel, Fiona Inostroza Nunez, Meret Kernen, Lea Paravac, Alma Schneider, Umika Srivastava, Samira Trachsel und Kevin van Aartsen
Künstlerische Auseinandersetzung mit den Themen Konsum und Nachhaltigkeit
Johannes Willi, Künstler und Dozent ZHdK
Prof. Katharina Tietze, Leiterin Trend & Identity, ZHdK